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DevBlog: So entstehen Inseln in Anno 117: Pax Romana

Salvete, Anno Community,
Mein Name ist Björn Frechenhäuser und ich bin ein Senior Level Artist und arbeite an Anno 117: Pax Romana. Ich bin seit 12 Jahren bei Ubisoft Mainz und nach Anno 2205 und Anno 1800 ist dies das dritte Anno-Spiel, an dem ich mitarbeiten darf. Wenn ihr etwas von meiner Arbeit an den vorherigen Spielen sehen wollt, könnt ihr euch mein Artstation-Profil ansehen.
Level Art kann viele verschiedene Dinge bedeuten, je nachdem, für welche Firma, welches Studio und welches Projekt man arbeitet. Es kann sich mehr um die Erstellung von 3D-Assets und Texturen drehen oder um die visuelle Entwicklung und Gestaltung von Levels oder das Erzählen von Geschichten in der Welt und ihren Orten. Was bedeutet das nun für Anno? Kurz gesagt: all das (und noch mehr). Aber so oder so, das Herzstück der Level Art ist immer – ihr habt es euch bestimmt schon gedacht – das Level. Bei Anno besteht das Level aus der Spielwelt und ihren Inseln, die den Spielern als Leinwand dienen, auf der sie ihre Städte bauen können.
Im heutigen DevBlog möchte ich euch einen Einblick geben, wie Inseln entstehen, wie unsere Prozesse aussehen und wie wir versucht haben, nach einem äußerst erfolgreichen Anno 1800 den nächsten Schritt zu machen.
Von Anno 1800 zu Anno 117 – was hat sich bei der Inselerstellung geändert?
Zu Beginn der Entwicklung eines jeden neuen Anno-Spiels fragen wir uns: Was wollen wir erreichen? Was wollen wir verbessern? Was wollen wir nicht mehr machen? Für uns in Level Art war die Mission von Anfang an klar: Wir wollten die am besten aussehende, natürlichste, vielfältigste und immersivste Spielwelt der Serie erschaffen. Klingt doch ganz einfach, oder?
Natürlich bedeutete Weiterentwicklung eher eine Evolution als eine Revolution, denn die Levels sind nach wie vor an die Spielregeln, das Balancing der Features und die Leistung unserer Zielplattformen gebunden. Während der Zeit nach der Veröffentlichung von Anno 1800 haben wir begonnen, in verschiedene Richtungen zu forschen, und in diesem Blog werdet ihre einige der Durchbrüche sehen, die wir erzielt haben.
Prozedurale Texturierung
In der Vergangenheit hatten wir bereits eine prozedurale “Content Creation Pipeline” (d.h. einen festgelegten Prozess für die Erstellung von Inhalten) für einige Aspekte unseres Insel-Erstellungsprozesses etabliert, nämlich die Generierung des Insel-Terrains – ihr könnt in diesem älteren DevBlog zu Anno 1800 darüber nachlesen. Die Texturierung der Inseln (das Hinzufügen von Materialien wie Gras, Felsen, Sand usw. zum Terrain) war damals jedoch eine manuelle, aufwendige und etwas repetitive Prozedur. Außerdem war die Auflösung, mit der unsere Texturen zu unseren Inseln hinzugefügt werden konnten, die so genannte „Textur-Splatting-Auflösung“, zu niedrig. Also haben wir mit Hilfe unserer Grafikprogrammierabteilung die Auflösung vervierfacht, um Texturen mit viel mehr Kontrolle und viel mehr Details auftragen zu können.
Jetzt verwenden wir die so genannten „Splat Maps“, die zusammen mit unserem Gelände erstellt werden und Algorithmen verwenden, die Aspekte der Natur wie Erosion, thermische Verwitterung, Ablagerung, Geländeabnutzung und vieles mehr simulieren.
Texture Displacement
Die prozedurale Texturierung hat die Vielfalt und das natürlichen Aussehen der Inseln im Vergleich zu dem, was wir vorher erreichen konnten, um einiges gesteigert – aber wir wollten noch weiter gehen, um die Art und Weise zu verbessern, wie die Texturen selbst das Aussehen der Inseln gestalten. Wir haben eine Technik namens „Displacement Mapping“ implementiert, die es ermöglicht, dass Texturen nicht nur auf dem Gelände liegen, sondern auch die Form des Geländes verändern und seine visuelle Qualität verbessern, ohne dass tatsächliche 3D-Assets verwendet werden müssen.
Steilheit des Geländes
Ein weiterer Hebel, an dem wir drehen wollten, um unsere Inseln natürlicher und realistischer aussehen zu lassen, war das Spiel mit der Steilheit des Geländes und damit der Neigung, auf der unsere Gebäude errichtet werden konnten. Anno 1800 hatte einen maximalen Geländewinkel von 12%, was uns eine deutliche Grenze für die Gestaltung der Inseln setzte.
Für Anno 117: Pax Romana wollten wir diesen Winkel vergrößern. Die Erforschung dieses Themas war eine bedeutende Gemeinschaftsarbeit, an der mehrere Abteilungen beteiligt waren, darunter nicht nur Level Art, sondern auch Art Direction, Game Direction, Graphics Programming, Game Design, 3D Art und Gameplay Programming. Diese umfangreiche Teamarbeit war notwendig, weil das Thema eng mit fast jedem Aspekt unseres Bausystems verbunden ist. Nach langem Hin und Her und unzähligen Stunden des Testens haben wir uns dazu entschlossen, die maximale Neigung des bebaubaren Geländes auf 24% zu verdoppeln.
Mit diesen und vielen anderen Verbesserungen im Gepäck war es an der Zeit, die Welt von Anno 117: Pax Romana zu entwerfen und zu gestalten. Im Folgenden zeige ich euch eine vereinfachte Aufschlüsselung, wie eine Insel vom ersten bis zum letzten Schritt erstellt wird.
Inselerstellung in Anno 117 – von der einfachen Idee bis zur Insel im Spiel
Weichenstellung
Bevor wir auch nur ein einziges Pixel einer Insel erstellen, stellen wir uns einige Fragen: Wie soll unsere Welt aussehen? Welche Erwartungen wollen wir erfüllen? Welche Geschichten wollen wir erzählen? In dieser Phase sammeln wir Hunderte von Referenzbildern und erforschen gemeinsam mit Concept Art Kollegen viele verschiedene Ideen, um den gewünschten Look und das gewünschte Gefühl festzulegen. In dieser Phase haben wir zusammen mit Art Direction, Game Direction und Game Design unsere beiden Provinzen Latium und Albion entwickelt. Wir entwarfen ihr Aussehen, legten ihre einzigartigen Charakteristika fest und schufen die Grundlage für die Entwicklung einer visuellen Ausrichtung, die als Leitfaden für unseren Entwicklungsprozess dienen sollte.
Inselkonzeptualisierung
Der erste Schritt bei der Erstellung einer Insel ist immer das Nachdenken über Formen, Volumen und Topologie. Außerdem müssen wir mit Game Design eine Reihe von Regeln aufstellen: ungefähre Inselgröße, verfügbarer Bauraum, benötigte Strandflächen, Menge der Minen usw. Sobald dies geschehen ist und wir alle Zutaten haben, können wir mit der Erstellung der ersten Inselkonzepte beginnen.
Im Gegensatz zu Anno 1800 beginnen wir mit unseren Inselkonzepten diesmal direkt in 3D, mit einem Tool namens „World Machine“, das bereits seit Anno 2205 im Einsatz ist. Auf diese Weise können wir bereits ein viel besseres Gefühl für eine Insel bekommen, was die Grundlage für spätere Iterationen bildet. Dank der prozeduralen Pipeline (wie weiter oben erwähnt), die wir eingerichtet haben, können wir relativ schnell Dutzende von Inselkonzepten erstellen. Sobald eine Reihe von Konzepten erstellt ist, setzen wir uns mit dem Game Design und der Art Direction zusammen, um zu entscheiden, welche Inseln für die weitere Produktion freigegeben werden können.
Blockout
Sobald ein Inselkonzept genehmigt ist, erstellen wir eine erste spielbare Blockout-Version der Insel, um die Topologie und das Balancing von Baugebieten, Strandstandorten, Minenmengen usw. zu verbessern. Darüber hinaus führen wir eine erste Texturierung durch, um das Aussehen und das Spielgefühl zu überprüfen. Neben World Machine arbeiten wir in dieser Phase auch viel mit unserem eigenen Tool, dem „Anno Editor“, um die oben genannten Gameplay-Features zu implementieren. Dabei bleiben wir so offen und flexibel wie möglich, denn es kann sein, dass wir im Laufe des Spiels noch viele Änderungen an der Insel vornehmen müssen.
Visuelles Design
Nach zahlreichen Iterationen der Blockout-Version erreichen wir schließlich einen Zustand, in dem alle Gameplay- und Balancing-Aspekte der Insel festgelegt und genehmigt sind. Nun beginnen wir mit der Arbeit an den visuellen Aspekten der Insel. Ein Großteil der visuellen Details stammt bereits aus unserem prozeduralen Workflow, wie beschrieben, und zusätzlich streuen wir Vegetations-Assets mit einem Tool namens „Houdini“ ein.
Sobald alle prozeduralen Schritte abgeschlossen sind, ist unsere Basisinsel fertig: Jetzt ist es an der Zeit, manuell an den Details zu arbeiten und die Insel visuell auszugestalten, indem wir Texturen anpassen, Felsen und Vegetationsbestandteile platzieren, der Topologie mehr Charakter verleihen, Partikeleffekte implementieren, Gewässer hinzufügen und so weiter.
Polishing
Der letzte Schritt unseres Inselerstellungsprozesses ist ein Polishing-Durchgang. Er umfasst einerseits visuelle Verbesserung entsprechend des Feedbacks, das wir erhalten, und das Hinzufügen weiterer einzigartiger Details, wie z. B. das Erzählen von Geschichten aus der Umgebung oder das Hinzufügen von Sehenswürdigkeiten, und andererseits die Aufbereitung des Gameplays, um sicherzustellen, dass alle Features wie erwartet funktionieren (z. B. bebaubare Strände, Bergbaugebiete, Waldstandorte usw.), die Implementierung von Audio mit unserem Audio-Team und das Sicherstellen, dass keine Bugs auftreten.
Wir können es kaum erwarten, eure tollen Städte zu sehen, die ihr auf unseren Inseln gebaut habt, zu lesen, was eure Lieblingsinseln sind (oder auch nicht) und welche Details, die wir so sorgfältig ausgearbeitet haben, ihr auf dem Weg entdeckt!
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Hi! ich spiele seitdem ich klein bin anno, anfangen mit anno 1404. nun frage ich mich, warum seitdem keine landeinheiten mehr kamen? ist die community seither nur noch bestehend aus irgendwelchen baufanatikern?
was ist aus strategie und krieg geworden?
Vorallem in rom sollte man doch wohl denken dass dort landeinheiten existieren? wofür waren die römer denn sonst bekannt?? ich finde es eine massive enttäuschung, dass jeglicher strategie/kriegs aspekt aus diesem spiel entfernt wird.
zudem komme, dass alle npc charaktere verweichlicht werden. finde schade, dass das spiel auf städtebauen reduziert wird und ein pseudokrieg “nur” durch schiffe platziert wird, welcher niemals an den spaß mit landeinheiten rankommt.
Wozu heißt es dann anno und nicht citybuilder?
Ich bin Anno Spieler seit 1602. Und ich kann dir sagen das es zwar manchmal ganz lustig war mit den Landeinheiten die Inseln zu erobern. Muss aber auch sagen das es viel öfter einfach pain in the ass war. Anno ist nie wirklich auf Landkämpfe ausgelegt gewesen. Es ist im Grunde doch seit je her eher eine Wirtschaftssimulation.
Und ehrlicherweise muss ich sagen das ich lieber keinen Landkampf habe als einen schlechten.
Bei dem Punkt das sich ganz speziell Anno 117 für Landkämpfe anbieten würde stimme ich voll zu. Würde mir in diesem Setting auch wieder Landeinheiten wünschen. Aber auch nur wenn es sinnvoll umgesetzt werden kann.
Ich werde mich einfach überraschen lassen womit uns die Entwickler erfreuen werden.
anno 1602 ist nicht wirklich ein positivbeispiel bei landeinheiten. anno 1404 schon.
“Anno 1800 hatte einen maximalen Geländewinkel von 12%, was uns eine deutliche Grenze für die Gestaltung der Inseln setzte.[…]Nach langem Hin und Her und unzähligen Stunden des Testens haben wir uns dazu entschlossen, die maximale Neigung des bebaubaren Geländes auf 24% zu verdoppeln.”
Die Frage die ich mir jetzt stelle: “Passen sich die Gebäude diesmal an das Gelände an?”
Bei Anno 1800 sorgten die Neigungen leider dafür das Gebäude wie die Ingeneurs und Investorenhäuser am Berg komplett krumm und schief waren weil sie eben Dachkante an Dachkante gebaut wurden und nicht stufig wie in der Realität.
Oder eben die Treppe der Kirche die auf 2 metern gefühlt 6 meter Höhenunterschied ausgleichen sollte und eher wie eine Leiter wirkte.
Das einzige Gebäude das halbwegs gut aussah am Berg war die Weltausstellung und selbst da wirkten die schiefen Platzkacheln drumrum sehr fehl am Platz.
Mit den Höhenunterschieden wurde ja schon in Anno 1503 angefangen. Damals war es wirklich richtig schlimm. War aber auch der Anno Teil den ich am meisten gehasst und geliebt habe.
Ich stelle es mir sehr kompliziert vor die Gebäude perfekt ans Gelände skalieren zu lassen. Aber es gibt Spiele wo das sehr gut klappt. Könnte mir vorstellen das das aber auch von der verwendeten Engine mit abhängig ist. Und es muss ja ein Zusammenspiel zwischen verschiedenen Abteilungen stattfinden.
Als ich den DevBlog gelesen habe und die 24% sah kam mir als erstes ein steiler Bach in den Sinn an dessen Ufern sich eine Wassermühle an der anderen Reiht. Das gab es im Römischen Reich wirklich. Man hat die Reste bei Archäologischen Grabungen gefunden.
Wenn das Gesamtbild passt kann ich aber auch über kleine Makel bei sowas gerne hinweg sehen. Für mich muss nicht immer alles 100% perfekt sein.
Ein toller Beitrag. Hoffe es gibt dadurch deutlich mehr Inseln als früher!
PS: oh und dann bitte den Editor freigeben bzw mehr Möglichkeiten für Mod Erstellung und Karten Anpassungen für die Spieler.
Sehr solider DevBlog mit tollen Einblicken. Macht Spaß zu lesen – und natürlich Lust auf’s Spiel! 🙂