„Wenn man den Zeitraum in der Weltgeschichte bestimmen müsste, in dem das Menschengeschlecht am glücklichsten und wohlhabendsten war, würde man ohne zu zögern den Zeitraum zwischen dem Tod des Domitian und der Thronbesteigung des Commodus nennen.“
– Edward Gibbon, Die Geschichte vom Niedergang des Römischen Reiches
„Sie machen eine Wüste und nennen sie Frieden.”
-Tacitus, römischer Historiker, zitiert den schottischen Häuptling Calgacus.
Wie bereits bei der Enthüllung von Anno 117: Pax Romana vor ein paar Wochen angekündigt, werden wir euch in den kommenden Monaten bis zur Veröffentlichung auf eine Reise durch die Entwicklung unseres Spiels mitnehmen.
Heute haben wir unseren Senior Game Writer, Matt Cook, gebeten, uns durch die Welt von Anno 117 zu führen und uns zu erklären, wie wir Anno-Welten erschaffen, die von der antiken Geschichte inspiriert sind.
Pax Romana
117 n.Chr. Eine Zeit des Friedens… meistens zumindest.
Die römische Seifenblase hat sich bis zum Platzen ausgedehnt und ein Gebiet von der Atlantikküste bis zum fruchtbaren Halbmond im Osten verschluckt. Rom hat durch Eroberung zahllose Gesellschaften und Kulturen absorbiert, die es nun als Teil Roms bezeichnen muss, unabhängig davon, ob es in der Lage ist, sie zu regieren oder nicht.
Vorbei sind die Zeiten, in denen der Senat in solchen Angelegenheiten ein gewichtiges Wort mitsprach – stattdessen versammeln sich ehrgeizige Beamte um den Kaiserthron; ein Sitz, in den man leicht hineinfallen – und aus dem man noch leichter wieder herausfallen kann. Unter der Pax Romana wollen diese Imperatoren konsolidieren und aufbauen. Große Projekte sind nun nicht mehr nur für die Stadt Rom bestimmt. In entfernten Provinzen entstehen neue Städte (Neapolen), um lokale Steuern zu erheben, und es werden technische Meisterleistungen vollbracht – Mauern, Brücken, Aquädukte. Dies ist eine globale römische Vorlage, urban und geometrisch, die überall, wo Rom souverän ist, zum Einsatz kommt.
Ambitionen wie diese für die Provinzen befeuern dekadente Moden in der Heimat. Wie das Blut im Körper kontrolliert das Herz des Imperiums den Fluss von Waren, Luxusgütern und Technologie. Das Volk hat Ansprüche, die erfüllt werden müssen!
Aber einige dieser Randprovinzen, allen voran Albion, sind wie der Wilde Westen. Sie werden von vertriebenen Eingeborenen, abgewrackten Soldaten, Geächteten, und euch, dem Spieler, regiert, und die Freiheiten, die hier geboten werden, sind noch nicht so zahlreich wie die Gefahren.
Für die Römer ist Albion ein Land der Armut und der Möglichkeiten – unterentwickelt, aber reich an Pferden, Metallen und Fachwissen in der Metallverarbeitung. Als römischer Statthalter herrscht ihr über eine Wildnis und ein Volk, dessen Kultur deutlich älter als eure eigene ist – wie werdet ihr regieren? Wie offen werdet ihr für ihre Lebensweise sein?
Inspiration vs. Authentizität
Der oben beschriebene grobe Rahmen sollte unter Historikern keine große Debatten auslösen, aber wie sehr halten wir uns im eigentlichen Spiel an die Geschichte? Kurz gesagt lautet die Antwort: Wir müssen uns die Rosinen herauspicken und uns Freiheiten bei der Geschichte nehmen, damit das Spiel Spaß macht.
Anno ist eine Welt der Inseln. Es gibt keine realen Ortsnamen, keine realen Menschen, nicht einmal ein genaues Maß für das Verstreichen der Zeit. So entsteht sofort das Bild eines Paralleluniversums, das sich nicht unbedingt an die Regeln unserer Welt halten muss – und sich trotzdem real anfühlt!
Römische Gebäude, die ihr im Spiel sehen werdet, sind sowohl von den Künstlern sorgfältig recherchiert als auch Produkte künstlerischer Freiheit und gestalterischer Vorgaben. Was die keltischen Gebäude angeht, so kann die Vermutung eines Künstlers manchmal genauso gut sein wie die eines Historikers. Wir müssen uns immer vor Augen halten, dass wir es mit einer Epoche der Geschichte zu tun haben, über die es oft nur wenige Belege gibt.
Dennoch sind wir Designer bestrebt, gründlich zu recherchieren und so viele kleine und große Details einzubauen, wie wir glauben, dass sie einen echten (und unterhaltsamen!) Eindruck von dieser Zeit vermitteln. Vom Glauben bis zum technologischen Austausch wollen wir zeigen, wie die römischen Provinzen die Identität Roms selbst zu verändern begannen.
Natürlich investieren wir auch in die Schaffung glaubwürdiger historischer Charaktere. Wir haben zum Beispiel beschlossen, dass Frauen in unserer parallelen Version der Geschichte eine größere Rolle spielen sollen als in der römischen Zeit (alles in der Geschichte deutet auf eine zutiefst patriarchalische Gesellschaft hin, in der Frauen sehr wenig Macht oder Freiheit hatten). Dennoch bemühen wir uns, sie in Rollen auftreten zu lassen, die eine gewisse Glaubwürdigkeit haben, obwohl wir in mindestens einem Fall die Regeln komplett brechen, einfach weil uns die Idee dazu gefällt. Das ist die Trumpfkarte von Anno, die für die Momente reserviert ist, in denen eine bessere Version des Spiels es erfordert, dass wir den Realismus aufgeben.
Die Provinzen
Latium
Mit seiner ruhigen Brise, den azurblauen Buchten, den Weizen- und Lavendelfeldern ist Latium ein vergessener Schatz einer Provinz, die nahe am Herzen des Reiches liegt. Vor Jahren verwüstete ein Vulkanausbruch die lokalen Städte, vertrieb die Menschen aus der Provinz und überließ der Natur das Feld.
Jetzt, in der Zeit der Pax Romana, fragen sich viele Beamte, darunter auch der Kaiser, warum ein solches Kleinod wegen altem Aberglauben verödet sein soll. Ihrer Meinung nach ist es an der Zeit für eine Erneuerung: neue Städte sollen dort entstehen, wo die Natur gewütet hat, und der Fluch der Geschichte soll ein für alle Mal begraben werden. Mit seinen Stränden, Villen und Jachthäfen wird dieser Ort sicherlich der perfekte Rückzugsort für die Reichen Roms sein und die perfekte Gelegenheit für einen aufstrebenden Statthalter, sich einen Namen zu machen.
Oberflächlich betrachtet ist es das Paradies, der Inbegriff des römischen Italiens – ruhig, erholsam, ein Ort des Luxus und für Vergnügungssuchende, die mit Delphinen schwimmen wollen. Doch je heller der Sommer, desto dichter der Schatten: Unter der Oberfläche wirken geheimnisvolle Kräfte, die zunächst unbemerkt bleiben können.
Albion
Römische Invasoren stießen vor Generationen erstmals auf die weißen Klippen von Albion. Mehrmals versuchten sie, das von Sümpfen durchzogene Land und seine kriegerische Bevölkerung zu beherrschen, was ihnen jedoch nie ganz gelang.
Wenn Kaiser sich beweisen wollen, suchen sie in Albion stets nach Triumphen und Trophäen, denn für die Römer sind Expeditionen nach Albion wie mythische Abenteuer. Für sie sind die Kelten so weit von der Zivilisation entfernt wie alles, was sie sich vorstellen können.
Dennoch bezeichnen sie Albion auf dem Papier als römische Provinz, und die Ausfuhr seltsamer kulinarischer Köstlichkeiten, die mit schmutzigen Händen aus den schlammigen Sümpfen gepflückt werden, wird in der Heimat immer beliebter – nennen wir es den Geschmack des Exotischen.
Die Kelten machen einfach alles anders, und während die Römer einige von ihnen als bestialische Barbaren betrachten, sind sie gleichzeitig von ihrem Handwerk und ihren Ideen fasziniert und haben keine Skrupel, sich von ihnen zu nehmen, was sie brauchen, wenn es funktioniert.
Was die Kelten betrifft, so haben diejenigen, die auf der Suche nach Schutz in eure Städte in Albion kommen, vielleicht keinen Stamm oder keinen Ort mehr, den sie Heimat nennen können. Denn obwohl die Römer Zerstörung an ihre Tür gebracht haben, bieten sie auch Frieden (eine sehr seltene Sache in jenen Tagen), Bildung, warme Bäder und das Beste von allem … Wein!
Wir hoffen, dass dieser Artikel auch eure Fantasie beflügelt und sind neugierig: Was war euer erster Gedanke, als ihr die Ankündigung von Anno 117: Pax Romana gesehen habt? Welches Ereignis, Thema oder gar welche Persönlichkeit war eure erste Assoziation zum Römischen Reich und seinen Provinzen? Wir freuen uns auf eure Kommentare!